K hatte sich vorgenommen, den Tag vorwiegend liegend zu verbringen. Daraus wurde nichts.
Besonders irritierend empfand er die häufigen Anrufe von unbekannten Telefonnummern. Mehr als ein blockieren der Nummern war wohl nicht möglich.
Später saß er im Café, rührte missmutig seinen Kaffee und starrte so feindselig, als gehörte er zu Bedienung. Die Zeitung brachte kaum gute Nachrichten. Eine Hochzeit im Schloss, eine offensichtlich glücklich geschiedene Ehe und die angekündigten Jahrhundertstaus auf bundesdeutschen Autobahnen ließ er gerade noch als solche durchgehen.
Der plötzliche Appetit auf einen einfachen, ehrlichen Nudelsalat mit Erbsen.
Alltag mit Struktur. Dazu gehörte zweifelsohne auch das tägliche Training des Beckenbodens. Lästig, aber nach dem gerade überstandenen Hexenschuss, einer Woche Pein und Unbeweglichkeit, unerlässlich.
Lesen und schreiben. Reden und zuhören. Gleichermaßen.
Neulich las K von einem »Dead Letter Office« im Postamt von Washington, irgendwann im letzten Jahrhundert, der Abteilung für »tote Briefe«. Er stellte sich den im Vorfeld schon von Schwermut und Hoffnungslosigkeit geplagten Angestellten vor, der täglich mit unzustellbare Briefe konfrontiert war, sie häufig öffnen und lesen musste, um dann die zwecklosen, meistens niemals ihren Empfänger erreichenden Briefe zu vernichten. Fröhlich geht anders. Andersherum, wer schreibt heute noch Briefe.
K’s Frau erzählte ihm abends, eine Bekannte war bei einer Heilerin. Diese fragte, ob ihre Spenderniere von einem Mann stammte. Sie bestätigte dies, worauf ihr die Heilerin erklärte, die Seele dieses Spenders wäre noch in ihrem Körper anwesend und sollte dringend entfernt werden. Das geschah dann wohl auch sofort und umfassend. Seitdem, so versicherte sie, ginge es ihr um vieles besser. Wie gesagt, meinte K gutgelaunt, Wunder gibt es immer wieder.
Leider liest K, obwohl im dauerhaften Freizeitmodus, hin und wieder über den Krieg in der Ukraine. Liest von den tagtäglichen Gräueltaten der russischen Faschisten und die Stimmung rauscht unweigerlich in den Keller. Irritierend, die Gleichgültigkeit seiner Mitmenschen.