Es gibt zwei Tage im Jahr, vor denen es mir stets graut. Der eine ist mein Geburtstag, der andere ist Silvester. Diese zwei, mit Bedeutsamkeit aufgeladenen, von meinen Mitmenschen bejubelten und gefeierten Tage, treiben mich in tiefe Betrübnis. Ich bekomme an Tagen wie diesen depressive Anwandlung, noch schlechtere Laune, als ich tagtäglich habe, es geht regelrecht finster zu. Silvester ist gerade kein Thema, mein verdammter Geburtstag ist gerade vorbei.
Vorbei ohne Feiern. Der Hund ist bei der Tochter in H. Ich hatte mir den Tag freigekommen. Warum auch immer. Meine Frau war vormittags ebenfalls nicht da und ich starrte aus dem Fenster. Blauer Himmel, eisigkalt. Im Hintergrund drehen sich die Windräder, windig. Meine Antriebslosigkeit dauert Stunden.
Mir ging es nicht gut. Ich dachte ans Sterben, ans Altwerden, ans Altsein. Ich fürchtete mich. Mein ewiges Problem, das Glas ist immer halb leer, nie halb voll. Ein „Was darf’s sein, junger Mann?“ an der Verkaufstheke kommt schon lange nicht mehr, das gibt es nichts zu deuteln, der Lack ist ab. Und wieder ist ein Jahr vorbei, ich bin auf der Zielgeraden, Richtung Kiste. Mir wird gratuliert. Feier und Gesundheit und ein langes Leben. Das ist zwar sehr nett, hilft aber nicht sehr. Immerhin, ein paar Menschen denken an mich.
Nach einer knappen Stunde Lauf und heißer Dusche geht es mir etwas besser. Ich sollte feiern das ich lebe, gesund und fit bin. Den Kindern geht es gut. Rilke ist knapp nur fünfzig geworden. Verdammt, stell dich nicht so an.
Nach einer knappen Stunde Lauf und heißer Dusche geht es mir etwas besser. Ich sollte feiern, dass ich lebe, gesund und fit bin. Den Kindern geht es gut. Rilke ist knapp Fünfzig gestorben. Verdammt, stell dich nicht so an.
Abends bei Italiener. Die Pilze war gut. Zu Hause auf Netflix die erste Folge einer Staffel, deren Handlung und Name ich bereits vergessen habe. Dann war der Tag vorbei. Morgen wird getanzt.